Was ist ein Remote Audit und welche Vorteile bietet das Fernaudit?

Viele zertifizierte Unternehmen, deren Überwachungs- oder Re-Zertifizierungsaudits nun anstehen, müssen sich noch mit dem Problem auseinandersetzen, oder mussten dies bereits tun, wie dies in der aktuellen Situation der Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen umgesetzt werden kann - vielleicht mit einem Remote Audit? Bereits seit längerer Zeit weist die DIN EN ISO 19011 auf die Möglichkeit hin, dass Audits mittels Unterstützung durch Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) auch aus der Ferne durchgeführt werden können. Im Anhang „A.1 Anwenden von Auditmethoden“ nimmt die Norm explizit Bezug auf diese Möglichkeit. Für die Unternehmen in der eingangs genannten Situation bieten Fernaudits bzw. Remote-Audits die Chance, die Zertifizierung aufrechtzuerhalten. Dies ist jedoch nicht die einzige Perspektive der Fernaudits, denn sie bieten auch im normalen Auditgeschehen noch gewichtige Vorteile. Die Anforderung lautet „gewusst wie“. Damit Sie genau wissen, wie Sie vorgehen können, ob sich ein Fernaudit bei Ihnen anbietet und was Sie dabei beachten müssen, lesen Sie diesen Artikel.


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Fernaudits bzw. Remote-Audits sind keine neuentdeckte „Spezies“

Kommt der Begriff Fernaudit bzw. Remote Audit ins Spiel, wird häufig der Eindruck erweckt, dass es sich dabei um eine eigenständige Auditart- bzw. Auditform handelt. DIN EN ISO 19011:2018 stellt im Anhang „A.1 20 Anwenden von Auditmethoden“ jedoch eindeutig klar: Der Begriff Fernaudit bezeichnet eine Methode, die in verschiedenen Audits angewendet werden kann. In der Tabelle A.1 strukturiert die Norm die Auditmethoden nach der Durchführung in

  • Vor-Ort sowie
  • aus der Ferne.

In beiden Fällen kann die Anwendung der 29 Methoden mit menschlicher Interaktion erfolgen oder es findet keine menschliche Interaktion statt. Sehen wir uns die interaktive Methode an, stellen wir fest, dass sich im Prinzip nur der Zugang zu Informationsquelle unterscheidet. Bei der Vor-Ort-Befragung steht der Gesprächspartner dem Auditor direkt gegenüber und dieser hat direkten Zugang zur „Informationsquelle“, bei der Remote-Befragung erfolgt der Zugang über ein elektronisches Medium, mit der Ausgabe über Bildschirme. Die beiden Zugangswege unterscheiden sich jedoch dann, wenn z.B. die Methode der Stichprobenahme ins Spiel kommt. Hier ist aus der Ferne nur ein begrenzter Zugriff möglich.

Welche Auditmethoden sind in der ISO 19011?

Das Remote Audit ist (auch) eine reale Tätigkeit

Die DIN EN ISO 19011 benutzt auch den Begriff der virtuellen Audittätigkeiten. Um in diesem Zusammenhang einem Missverständnis vorzubeugen: Das Audit selbst ist eine reale Tätigkeit, die jedoch über einen Fernzugriff erfolgt. Auditoren können aus der Entfernung auch reale Prozesse auditieren, indem diese, wie in der Tabelle A1 aufgelistet, mit der Hilfe eines Betreuers Arbeitsvorgänge beobachten, die die Beschäftigten ausführen. Moderne Unternehmen führen jedoch in immer größeren Umfang virtuelle Tätigkeiten aus. Ein Beispiel ist der Verkaufsprozess eines Webshops, der vollständig elektronisch in der Cloud abläuft. Ein solches Audit kann logischerweise nicht mehr „vor Ort“ durchgeführt werden, da der Zugang zur Informationsquelle nur auf elektronischem Weg möglich ist. Dies bezeichnet die DIN EN ISO 19011 dann auch im Anhang A.16 als „Auditierung virtueller Tätigkeiten“ durch ein virtuelles Audit bzw. eine virtuelle Prüfung. Die Unterschiede der Begrifflichkeiten lassen sich somit auch eindeutig abgrenzen:

  • Virtuelles Auditieren:
    Audit eines virtuellen Standorts an dem Arbeiten ausgeführt werden oder Dienste angeboten werden, die unabhängig von physischen Standorten sind.
  • Auditieren aus der Ferne:
    Audit unter Verwendung von Technik zur Erfassung von Informationen, Befragung einer auditierten Organisation usw., wenn Methoden von Angesicht zu Angesicht nicht möglich oder nicht erwünscht sind.

Welche potenziellen Vorteile bieten Ihnen Fernaudits?

Da wir aktuell die Situation haben, dass Vor-Ort-Audits wegen der Ansteckungsgefahr nicht möglich sind, müssen viele Zertifizierungsstellen für die 3rd Party-Audits auf das Auditieren aus der Ferne zurückgreifen. Auch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) muss zur Überwachung der Zertifizierungsstellen auf die Fernbegutachtung zurückgreifen. Neben dem glücklichen Umstand der „Rückfall-Lösung“ bietet ein Fernaudit bzw. Remote-Audit jedoch einige grundsätzliche Vorteile:

  • Reduzierung von Auditaufwänden durch weniger Reisekosten sowie geringere Kosten und Umweltbelastung.
  • In das Fernaudit können ohne großen organisatorischen Aufwand sehr flexibel Fachexperten (aus aller Welt) eingebunden werden.
  • Persönliche Risiken für die Auditoren werden vermieden bzw. minimiert (z.B. Arbeitssicherheit, Gesundheit).
  • Bei Audits im Ausland fallen Einreisebeschränkungen weg.
  • Der zeitliche Verzug zwischen Datenerhebung und Datenauswertung kann durch ein Remote Audit verkleinert und die Qualität der Auswertung erhöht werden.
  • Schnellere Reaktion auf Krisen, da keine An- und Abreise nötig ist.

Am wirksamsten ist die Reduzierung von Auditaufwänden sicherlich für Unternehmen mit vielen entfernt liegenden Standorten, wie dies bei Matrix Zertifizierungen der Fall ist. Hält ein Unternehmen ein solches Zertifikat, muss es jedes Jahr jeden Standort einmal intern auditieren. Kann dies zumindest für einen Teil davon als Fernaudit erfolgen, besteht ein immenses Einsparpotenzial.

In welchen Bereichen ist ein Remote-Audit anwendbar?

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?

So wie für ein Vor-Ort-Audit ein „mobiler Auditor“ Voraussetzung ist, benötigt auch ein Fernaudit spezifische Voraussetzungen. Diese erstrecken sich auf drei Bereiche:

  • Persönliche Voraussetzungen
    - Die Hardware (Webcam, …) und die Software (Videokonferenz Programm) sind den Auditoren vertraut.
    - Die Auditierten und der Auditor haben ausreichendes Vertrauen zueinander, das Audit auf dieser Basis durchzuführen.
  • Organisatorische Voraussetzungen
    - Die Auditoren kennen die Verhältnisse vor Ort.
    - Bei Zeitunterschieden müssen sich Zeitfenster der Arbeitszeiten ausreichend überschneiden.
    - Die Anzahl an Teilnehmern übersteigt das Limit der Software nicht.
  • Technische Voraussetzungen
    - Die notwendige IT ist an den zu auditierenden Stand(-Orten) vorhanden.
    - Die Netzwerktechnologie hat ausreichend Bandbreite und gewährleistet eine stabile Verbindung.
    - Die Verbindung ist abhörsicher und gewährleistet die Geheimhaltung.

Abhängig von der Art des Managementsystems und der Auditform kommen noch weitere Voraussetzungen hinzu. Risikoreiche Tätigkeiten dürfen zum Beispiel im 3rd Party-Audit nicht zu 100% remote auditiert werden. Teilweise ist dies sogar gesetzlich untersagt. Im Lieferantenaudit (2nd Party-Audit) kommt es auf die Vereinbarung zwischen Kunden und Lieferanten an. Im 1st Party-Audit muss die Methode Fernaudit im Auditprogramm berücksichtigt werden. Dabei verweist die ISO 19011:2018 bei der Festlegung der Durchführbarkeit von Fernaudit-Tätigkeiten auf mehrere Faktoren:

  • Risikograd des Erreichens der Auditziele,
  • dem Vertrauensniveau zwischen dem Auditor und dem Personal der auditierten Organisation sowie
  • den behördlichen Anforderungen.

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Mangelnde Auditoren-Kompetenz führt zu Stress

Jedes Audit stellt für die Auditoren und die Auditierten eine gewisse Belastung dar. Tätigkeiten mit weniger Routine wirken sich hier typischerweise stärker aus. Dies kann dazu führen, dass die Beanspruchung, d.h. der Stress durch ein Fernaudit größer ist, obwohl die zeitliche Belastung der eines Vor-Ort-Audits entspricht. Die Auditoren müssen deshalb genügend Auditroutine besitzen, um zusätzlich zur Befragung die Remote-Technik richtig einsetzen zu können. Da dies erst nach einigen Audits der Fall sein kann, empfiehlt es sich in den ersten Fernaudits Online-Sequenzen von mehr als 2 bis 3 Stunden in einem Stück zu vermeiden. Falls möglich, sollte ein Fernaudit mit 8 Stunden besser an zwei Tagen mit jeweils 4 Stunden geplant werden. Ein wichtiger Punkt ist natürlich, den Auditoren vor den ersten Fernaudits eine Schulung zukommen zu lassen, die im besten Fall Rollenspiele enthält, um die neuen Auditsituationen einüben zu können.

Wann stoßen Remote Audits an ihre Grenzen?

Die nicht vorhandene physische Präsenz der Auditoren, aus der sich einige Vorteile der Fernaudits ergeben, ist zugleich ein limitierender Faktor der Anwendung dieser Methode. Ist zum Beispiel die Beobachtung nonverbaler Signale in den Interviews mit Mitarbeitern besonders wichtig, ist dies bei der Kommunikation über einen Bildschirm nicht im notwendigen Umfang möglich. Auch eine Bewertung der Wirksamkeit von Tätigkeiten, bei denen neben dem Sehen und Hören weitere Sinne angesprochen werden, wie z.B. das Temperaturempfinden oder der Tastsinn für Rauigkeiten, kann mit der Remote-Methode schlecht erfolgen. Die Tabelle "Anwendbarkeit Remote Audit am Beispiel DIN EN ISO 9001" dieser Seite listet die Abschnitte der ISO 9001 auf und bewertet die Anwendbarkeit des Fernaudits.

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