Die Vorschriften zur Produktverantwortung im KrWG

Mit den Vorschriften zur Produktverantwortung im KrWG soll der Entstehung von Abfällen bereits an der Wurzel entgegengewirkt werden. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) sind in Teil 3 (§§ 23 – 27) Vorschriften zur Produktverantwortung enthalten, die jedoch in vielen Fällen nicht vollzugsfähig sind. „Kraft“ erhalten sie also erst durch Verordnungen, die auf Grundlage der §§ 24 und 25 KrWG erlassen werden. Dazu kommen für spezielle Abfallarten weitere Vorschriften hinzu, die zumeist als Reaktion auf Vorgaben der EU erarbeitet wurden. Hierzu gehören etwa das Elektro- und Elektronikgerätegesetz und das Batteriegesetz. Die Regelungen zur Produktverantwortung wollen wir uns im Folgenden betrachten.

Was bedeutet Produktverantwortung?

Die Idee, der Entstehung von Abfällen bereits an der Wurzel entgegenzuwirken, spiegelt sich im Grundsatz der Produktverantwortung in § 23 KrWG wider. Entwickler, Hersteller und Vertreiber von Erzeugnissen sollen diese so gestalten, dass bei ihrer Herstellung und ihrem Gebrauch die Entstehung von Abfall vermindert wird.

Außerdem soll sichergestellt werden, dass die nach Gebrauch entstehenden Abfälle umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden. Nachhaltige Stichworte hierzu sind eine mehrfache Verwendbarkeit, technische Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Senkung des Gehalts an gefährlichen Stoffen und Kennzeichnung schadstoffhaltiger Erzeugnisse. Dabei geht es nicht nur um die Verringerung der Entstehung von Abfällen. Auch eine Verringerung oder gar Vermeidung der mit der Gewinnung von Rohstoffen einhergehenden Umweltschäden sowie einer möglichen Rohstoffknappheiten ist denkbar. Daher gehört auch der vorrangige Einsatz von Recyclaten zur Produktverantwortung.

Diese Verantwortung wird auch Herstellerverantwortung genannt. Die Herstellerverantwortung ist wichtig, um sicherzustellen, dass Hersteller verantwortungsbewusst handeln und die Auswirkungen ihrer Produkte auf die Umwelt und die Gesellschaft berücksichtigen. Wenn Hersteller ihre Verantwortung ernst nehmen, können sie dazu beitragen, dass ihre Produkte sicherer und umweltfreundlicher sind und dazu beitragen, die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.

Das Schema der Kreislaufwirtschaft in Anlehnung an die Produktverantwortung

Was ist das Problem bei der Produktverantwortung?

Anspruch und Realität klaffen gerade bei diesem Thema weit auseinander. Das hat auch damit zu tun, dass gerade bei der Produktverantwortung ein Spannungsverhältnis zur unternehmerischen Freiheit besteht. Jeder kennt etwa die Verpackungen, die (für den reinen Zweck des Produktschutzes) unnötig groß und aufwendig sind, mit denen der Vertreiber aber die „Wertigkeit“ seines Erzeugnisses betonen möchte. Verbindliche Regelungen – wie die Verordnungen zum KrWG – müssen daher immer die Verhältnismäßigkeit eventueller Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit beachten. Daher wurden viele Regelungen zur Produktverantwortung nicht auf Grundlage der §§ 24 und 25 KrWG erlassen, sondern auf Grundlage europäischer Regelungen, deren Umsetzung zur Aufrechterhaltung des freien Warenverkehrs erforderlich war. Vorgaben wie die Batterierichtlinie, die Altfahrzeug-Richtlinie oder die Elektroaltgeräterichtlinie enthielten aber auch europaweite Recycling- und Verwertungsquoten.



Der Weg zum heutigen Verpackungsgesetz

Ein zentrales Instrument des Gesetzgebers zur Konkretisierung der Produktverantwortung waren Rücknahmepflichten. Die Verpflichteten müssen bestimmte Erzeugnisse zurücknehmen und verwerten oder beseitigen, womit sie – ganz im Sinne des Verursacherprinzips – die Kosten der Entsorgung tragen. Man nennt diese Verantwortung auch Herstellerverantwortung. Die erste Regelung hierfür war die Verordnung über die Rücknahme und Pfanderhebung von Getränkeverpackungen aus Kunststoffen („PET-Verordnung) von 1988. Sie wurde 1991 von der Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung, VerpackV) abgelöst. 1998 wurde sie durch die Verordnung über die Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen (Verpackungsverordnung, VerpackV) abgelöst. Mit der VerpackV wurde die Pflicht eingeführt, Verpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und (vorrangig stofflich) zu verwerten. Sie führte u.a. zur Einrichtung des Dualen Systems Deutschland („Der Grüne Punkt“), das für die Verpflichteten die Sammlung und Verwertung von Verpackungsabfällen wahrnahm.

Seit 2009 müssen Hersteller und Vertreiber von Verpackungen für Endverbraucher im Rahmen der Produktverantwortung an einem dualen System teilnehmen. Nachdem der Versuch, die VerpackV zu einem „Wertstoffgesetz“ weiterzuentwickeln, das die Sammlung auf bestimmte stoffgleiche Haushaltsabfälle aus Kunststoff und Metall erweitert hätte, scheiterte, trat am 1.1.2019 das Verpackungsgesetz (VerpackG) in Kraft. Eine gemeinsame Sammlung von Nichtverpackungsabfällen aus Kunststoff und Metall in einer Wertstoffsammlung kann nun nach § 22 (5) VerpackG vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger mit den Systemen vereinbart werden. Zuletzt wurde mit einer Änderung des VerpackG ab 1.1.2022 Letztvertreibern das Inverkehrbringen von Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometern untersagt. Dies gilt nicht für Tragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 15 Mikrometern, die die Anforderungen von Art. 3 Nr. 1d RL 94/62/EG erfüllen.

Die Bedeutung der Altfahrzeug-Verordnung für die Produktverantwortung

1997 war die Altauto-Verordnung erlassen worden, die bestehende Selbstverpflichtungen der Autoindustrie aufgenommen hatte. Nachdem im Jahr 2000 mit der EU-Altfahrzeug-Richtlinie (RL 2000/53/ EG) – gegen den Widerstand Deutschlands – eine zwingende Rücknahme durch die Hersteller eingeführt wurde, die so weder in der Selbstverpflichtung noch der Altauto-Verordnung enthalten war, wurde die Verordnung 2002 als Altfahrzeug-Verordnung (AltfahrzeugV) neu gefasst. Sie gilt für PKW und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 t. Zugleich fand die Verabschiedung des Altfahrzeug-Gesetzes statt. Es enthält handels- und steuerrechtliche Regelungen zu den erforderlichen Rückstellungen für die Rücknahme- und Verwertungspflichten sowie einige Nachweispflichten über den Verbleib von Altfahrzeugen.

Die AltfahrzeugV regelt neben der generellen Rücknahmepflicht auch die Zielvorgabe für die Wiederverwendung oder stoffliche Verwertung – und damit auch die Produktverantwortung. Seit dem 1.1.2015 beträgt daher die Quote für Wiederverwendung oder Verwertung mindestens 95 Gewichtsprozent eines Altfahrzeugs. Das bedeutet, mindestens 85 Gewichtsprozent sind wiederzuverwenden oder stofflich zu verwerten. § 8 AltfahrzeugV enthält Vorgaben zur Abfallvermeidung, u.a. dürfen Werkstoffe und Bauteile neuer Fahrzeuge seit dem 1.1.2003 kein Blei, Quecksilber, Cadmium und sechswertiges Chrom mehr enthalten.

Das Batteriegesetz und die Produktverantwortung

2009 wurde mit dem Batteriegesetz (BattG) die europäische Altbatterierichtlinie (RL 2006/66/EG) in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz löste die alte Batterieverordnung von 1998 (neu gefasst 2001) ab, die als Reaktion auf eine gescheiterte Selbstverpflichtung der Wirtschaft erlassen worden war. Das BattG regelt, dass Vertreiber gebrauchte Batterien von Endnutzern in oder an den Verkaufsstellen zurücknehmen und einem Rücknahmesystem überlassen müssen. Dieses müssen die zur Rücknahme (nach § 5) verpflichteten Hersteller (nach § 7) errichten. Das erste und bekannteste Rücknahmesystem war das „Gemeinsame Rücknahmesystem Batterien“ (GRS). Daneben gibt es herstellereigene Rücknahmesysteme. Hersteller müssen sich seit dem 1.1.2021 registrieren lassen (§ 4) und bei der Verwertung sind vorgegebene Recycling-Effizienzen zu erreichen.

Was schreibt das Elektro- und Elektronikgerätegesetz vor?

2005 erging zur Umsetzung der europäischen Richtlinien über die Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (RL 2002/95/EG) und über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (RL 2002/96/EG) das Elektro- und Elektronikaltgerätegesetz (ElektroG). Es trat am 13.8.2005 in Kraft. 2015 wurde es zur Anpassung an die neue EU-Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (RL 2012/19/EU) neu gefasst.

Das ElektroG begründet – im Rahmen der Produktverantwortung – (§ 4) Herstellerpflichten bei der Produktkonzeption. Die Gestaltung der Geräte muss so erfolgen, dass eine erleichterte Demontage sowie Verwertung von Bauteilen und Werkstoffen möglich ist. Der Endnutzer, oder zumindest vom Hersteller unabhängiges Fachpersonal, müssen Albatterien und Altakkumulatoren problemlos entnehmen können. § 10 begründet die Pflicht zur getrennten Erfassung von Altgeräten (Elektro- und Elektronikgeräte, die Abfall i.S. des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind).

Stammen die Altgeräte nicht aus privaten Haushalten, muss der Hersteller eine zumutbare Rückgabemöglichkeit schaffen und die Altgeräte entsorgen. Das gilt nicht für „historische“ – vor dem 13.8.2005 verkaufte – Altgeräte. Zu deren Entsorgung ist der (abfallrechtliche) Besitzer verpflichtet. Allerdings können Hersteller, Erwerber oder Besitzer eine hiervon abweichende Vereinbarung treffen. Entsorgung bedeutet Wiederverwendung des Altgeräts oder seiner Bauteile, Erstbehandlung nach § 20 durch eine nach § 21 zertifizierte Erstbehandlungsanlage oder Verwertung nach § 22 sowie das Tragen der Kosten für die Entsorgung.


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Die Produktverantwortung am Beispiel Kunststoff-Verpackungen

Kunststoffe gehören zu den in der Öffentlichkeit viel diskutierten Umweltproblemen. Kleine, bei der Alterung aus Kunststoffen entstehende Kunststoffteilchen – je nach Größe als Meso- oder Mikroplastik bezeichnet – finden sich heute nahezu weltweit in Flüssen, Meeren, Lebensräumen an Land und in Lebewesen. Lebewesen können bei mit Plastik gefüllten Mägen verhungern. Welche weiteren Folgen die Plastikverschmutzung hat ist noch weitgehend unbekannt, jedoch sind in Kunststoffen z.B. oft chemisch bzw. hormonell wirkende Zusatzstoffe enthalten.

Wie viel Tonnen Kunststoffe werden hergestellt und wofür werden sie verwendet?

Kunststoffe ersetzen aber aufgrund ihrer Eigenschaften (leicht, lange Lebensdauer, billig herzustellen) zunehmend andere Rohstoffe, was sich eher negativ auf die Produktverantwortung auswirkt. Global stieg die Erzeugung von Kunststoffen von 2 Mio. t im Jahr 1950 auf 381 Mio. t im Jahr 2015. In Deutschland wurden 2017 14,4 Mio. t Kunststoffe verarbeitet. 11,8 Mio. t wurden im Inland in Verkehr gebracht, der Rest sind Netto-Exporte. Die Nutzungsdauer beträgt dabei oft nur Minuten, wie z.B. beim Einweggeschirr.

An Kunststoffabfällen fielen 2017 6,2 Mio. t an, davon 1 Mio. t Produktionsabfälle und 5,2 Mio. t Abfälle bei Endverbrauchern. Getrennt gesammelt wurden 63 kg pro Kopf, davon 25,4 kg Kunststoffverpackungen bei privaten Endverbrauchern. Damit ist das „Littering“, also das direkte Einbringen von Kunststoffen in die Umwelt, das zu der oben beschriebenen Umweltverschmutzung führt, in Deutschland vergleichsweise gering. Es beträgt aber trotzdem immer noch 1,4 kg pro Kopf jährlich, vor allem durch weggeschmissene Verpackungen und Zigarettenfilter. 0,4 kg werden durch Park- und Straßenreinigung wieder „eingefangen“. Dazu kommen allerdings 4 kg pro Kopf jährlich an diffusen Einträgen von Mikroplastik in die Umwelt (z.B. Reifenabrieb, Mikroplastik aus Kosmetik und Putzmitteln).


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Wie können Kunststoffabfälle verwertet oder vermieden werden?

Im Rahmen der Produktverantwortung werden die gesammelten Kunststoffabfälle zu mehr als der Hälfte (2017: 3,2 Mio. t) energetisch, weniger als die Hälfte stofflich (auch im Ausland) verwertet. In Deutschland entstanden 2017 1,9 Mio. t Recyclat. Das umfasst Regranulate mit bekannter Qualität als auch Mischkunststoffe mit einem „Störstoffgehalt“ bis 10 Prozent, die z.B. zur Herstellung von Parkbänken und Straßenbauprodukten wie Absperrungen verwendet werden. Die eingesetzte Recyclat-Menge betrug 2017 1,8 Mio. t, also gut 12 Prozent der gesamten Kunststoffproduktion. Vor der (möglichst hochwertigen stofflichen) Verwertung steht aber in der Abfallhierarchie die Vermeidung der Abfallentstehung. Diesem könnte etwa der vermehrte Einsatz von Mehrwegverpackungen dienen.

Das VerpackG nennt als Ziel die Abfüllung von 70 Prozent der Getränke in Mehrwegverpackungen. 2017 waren es – nach 29 Jahren VerpackV – gerade 42 Prozent. Um die Ökobilanz von Mehrwegverpackungen zu verbessern, empfiehlt z.B. der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem Umweltgutachten 2020 die Entwicklung standardisierter Mehrwegverpackungen, um die Transportentfernungen zu verringern. Waschvorgänge sollten mit erneuerbaren Energien durchgeführt werden.

 


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