Die Verkehrswende – Welche Herausforderungen gibt es?

Die Verkehrswende soll den Verkehrssektor zur Klimaneutralität führen. Wir zeigen Ihnen, welche Herausforderungen es dabei gibt. Die Treibhausgasemissionen des Verkehrs lagen 2020 in Deutschland bei 146 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent (CO2-e), das sind knapp ein Fünftel der gesamten Emissionen von 739 Mio. t. Gegenüber 1990 sind die Treibhausgasemissionen des Verkehrs nur um 11 Prozent gesunken. Das ist deutlich weniger als in allen anderen für die Energiewende relevanten Sektoren und außerdem vor allem der Corona-Pandemie zu „verdanken“. Während des ersten Lockdowns sind die Menschen nämlich deutlich weniger geflogen und deutlich weniger Auto gefahren, vor allem weniger lange Strecken.

Da mehr als 94 Prozent des Energiebedarfs im Verkehr mit fossilen Brennstoffen gedeckt werden, stellen die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes besondere Herausforderungen dar. Mit der Verkehrswende sollen die Emissionen in diesem Bereich bis 2030 auf 85 Mio. t, also gegenüber 2020 um mehr als 40 Prozent, gesenkt und Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden.

Der Sektor Verkehr – wie setzt er sich zusammen?

Mehr als 80 Prozent des Energieverbrauchs auf den Straßen gehen auf Verkehrsmittel zurück, einige Prozent aber auch auf die Luft-, Bahn- und Schifffahrt:

  • 57 Prozent: motorisierter Individualverkehr – vor allem Autos
  • 23 Prozent: Straßengüterverkehr
  • 2 Prozent: öffentlicher Straßenpersonenverkehr
  • 16 Prozent: Luftverkehr
  • 2 Prozent: Bahn
  • 0,4 Prozent: Schifffahrt

Verbraucht werden dabei vor allem fossile Kraftstoffe: 55 Prozent Diesel, 27 Prozent Benzin sowie 17 Prozent Flugbenzin und Kerosin. Hinzu kommen 4 Prozent Biokraftstoffe und 1,5 Prozent Strom. In den Jahren seit 1990 hat es deutliche Verbesserungen bei der Energieeffizienz von neuen Fahr- und Flugzeugen gegeben, was die Verkehrswende begünstigt. Diese wurden aber bis 2019 (2020 war aufgrund der Corona-Pandemie ein Ausnahmejahr) durch gestiegene Verkehrsleistungen kompensiert. Dies führte so netto zu gleichbleibenden Energieverbräuchen und Emissionen.



Herausforderungen der Zukunft

Um den Verkehrssektor klimaneutral zu machen, wird eine Energiewende nicht ausreichen. Fossile Kraftstoffe durch Biokraftstoffe oder klimaneutrale synthetische Kraftstoffe zu ersetzen, wird aufgrund des eingeschränkten Potenzials dieser Kraftstoffe nicht vollständig möglich sein. Auch die Umstellung auf die Elektromobilität wird vor allem beim Güterfernverkehr an Grenzen stoßen, und im Luftverkehr sowieso. Eine „Verkehrswende / Mobilitätswende“ muss daher im Verkehrssektor die Energiewende ergänzen. Das Ziel ist eine Senkung des Energiebedarfs im Verkehr.

Wie kann eine Verkehrswende aussehen?

Ansatzpunkt für eine Mobilitätswende ist die Entkoppelung von Mobilität vom Verkehr. Mobilität ist dabei die Möglichkeit, bestimmte Bedürfnisse an einem anderen Ort als dem gegenwärtigen Aufenthaltsort zu befriedigen. Verkehr ist das Instrument, mit dem Mobilität ermöglicht wird. Den Umfang kann man in Personen- oder Tonnenkilometern messen. Zunehmender Verkehr sagt also nur, dass der Aufwand für die Mobilität gestiegen ist und nicht, dass auch tatsächlich mehr Bedürfnisse befriedigt wurden. Wenn man beispielsweise zum Einkaufen weiter fahren muss, nimmt der Verkehr zu, die Mobilität bleibt aber gleich. Befriedigt wurde das Bedürfnis nach dem Einkauf von z.B. Lebensmitteln. Die Verkehrswende besteht also im Kern darin, Mobilität (Teilnahme am Arbeitsleben, kulturellen Aktivitäten, Pflege sozialer Kontakte, …) mit weniger Verkehr möglich zu machen. Das gilt auch für den Güterverkehr. Auch dieser findet letztendlich statt, um menschliche Bedürfnisse zu befriedigen.

Ein Beispiel zur Förderung von Verkehr in der Vergangenheit war die Entmischung von Siedlungsstrukturen wie etwa die Ansiedlung von Supermärkten in Gewerbegebieten. Diese zwingen tatsächlich fast dazu, zum Einkaufen ein Verkehrsmittel zu benutzen. Für die Verkehrswende muss hier in Zukunft das Leitbild der „Stadt und Region der kurzen Wege“ zum Tragen kommen: gemischte städtische Strukturen ermöglichen die Vermeidung von Verkehr. Und je kürzer die Wege werden, desto mehr Auswahl hat man auch bei der Wahl des Verkehrsmittels. Mit dem Fahrrad oder zu Fuß ist der Verkehr auch nicht mehr mit Energieverbrauch verbunden. Hier ist vor allem auch die Verkehrspolitik gefragt.

Die Rolle des ÖPNV bei der Verkehrswende

Bei der Auswahl des Verkehrsmittels spielt zudem die Qualität des öffentlichen Verkehrs eine Rolle. Ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) kann viele Autofahrten ersetzen. Die verschiedenen Ansätze ergänzen sich zudem: Wo weniger Autos fahren, kann man Radwege, Aufenthalts- und Grünflächen anlegen. Diese senken wiederum den Mobilitätsbedarf, machen das Radfahren und Zufußgehen attraktiver und können die Lebensqualität steigern. Auch die Attraktivität von Städten und Ballungsräumen steigert sich dadurch. Nicht umsonst setzen Städte wie Kopenhagen, Paris oder Barcelona auf entsprechende Konzepte.

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Der ÖPNV auf dem Land – wie kann man hier agieren?

Etwas anders stellt sich die Situation in kleineren Städten und auf dem Land dar. Hier ist das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs schlechter und die Entfernungen sind größer, was die Verkehrswende erschwert. Zudem ist aufgrund der verteilten Siedlungsstrukturen die Nachfrage weniger gebündelt. Daher spielt das Auto hier eine größere Rolle. Allerdings ist der Umstieg auf E-Mobilität auch leichter. Die Reichweite von E-Autos reicht auch für längere Pendlertrecken, und da vor allem auf dem Land die Menschen auch eher im Eigenheim wohnen, ist die Installation einer Ladestation oder gar das Laden mit eigener Stromerzeugung hier deutlich leichter als in der Stadt. 49 Prozent der Pendlerwege sind zudem bis max. 10 Kilometer lang. Hier bieten E-Bikes eine gute und auch deutlich billigere Alternative zum E-Auto.

Auch der öffentliche Nahverkehr muss auf dem Land nicht so bleiben, wie er ist. Die Weiterentwicklung bzw. der Ausbau von Ruf- oder Bürgerbuskonzepten, die auf die Nachfrage reagieren, oder auch perspektivisch der Einsatz gemeinschaftlicher autonomer Fahrzeuge sind denkbar. Letztere könnten eine flexible Ergänzung zum liniengebundenen ÖPNV werden. Im Personenfernverkehr sollte, wie im Güterverkehr, künftig die Bahn eine größere Rolle spielen. Zum einen sind E-Autos aufgrund der, im Vergleich zum Tanken von Autos mit Verbrennungsmotor, längeren Ladezeiten für die Fernverkehr weniger geeignet. Zum anderen ist der Flugverkehr der pro Personen- oder Tonnenkilometer mit 230,7 g CO2-e am wenigsten klimafreundliche Verkehrsmodus. Er sollte daher überall dort, wo die Bahn eine Alternative ist, durch Zugfahrten (Schienenfernverkehr: 45,2 g CO2-e pro Personen bzw. Tonnenkilometer) ersetzt werden.

Was muss sich beim Wirtschafts- und Güterverkehr ändern?

Die Entwicklungen beim städtischen Wirtschaftsverkehr sehen dahingegen etwas schlechter aus. Insbesondere der durch die Corona-Pandemie noch einmal verstärkte Trend zum Internet-Handel hat auch die Kurier-, Express- und Paketdienstleistungen stark ansteigen lassen. Dies behindert auch den Verkehrsfluss und schränkt die Verkehrssicherheit ein. Auch hier könnte eine nachhaltige Verkehrswende helfen: City-Logistik-Konzepte bündeln die Warenströme vor dem Stadtgebiet und ermöglichen eine anbieterübergreifende Verteilung. Dies ist aus Gründen des Lärm- und Emissionsschutzes sowie der Klimaneutralität mit elektrischen Nutzfahrzeugen möglich. Die Feinverteilung kann mit (ggf. elektrisch unterstützten) Lastfahrrädern erfolgen.

Im Güterverkehr spielt der LKW eine zentrale, und in der Vergangenheit zunehmende, Rolle. Gut 70 Prozent der Verkehrsleistung (gemessen in Tonnenkilometern) werden auf der Straße erbracht, 18,5 Prozent mit der Eisenbahn. Der Rest entfällt auf Binnenschifffahrt, Rohrleitungen [Pipelines] und Luftverkehr. Da der Eisenbahnverkehr wesentlich energieeffizienter (ca. 20 Prozent des Energieverbrauchs eines LKW pro Tonnenkilometer) und klimafreundlicher (ca. 25 Prozent der klimaschädlichen Emissionen eines LKW pro Tonnenkilometer) ist, soll der Anteil der Schiene beim Güterverkehr deutlich erhöht werden. Allerdings ist dies schon lange ein erklärtes politisches Ziel, ohne dass dieses erreicht wird. Ein Grund hierfür ist, dass traditionell der Transport von Massengüter eher in sog. Direktzügen mit der Bahn stattfindet. Heute können aber aufgrund von just-in-time-Produktionsprozessen viele Unternehmen keine ganzen Züge mehr füllen. Der Einzelwagen oder Teilwagenladungsverkehr ist aber im Vergleich zur Straße oft zu teuer und auch langsamer. Hier können und müssen digitalisierte Logistikkonzepte Abhilfe schaffen.

Die Energiewende im Verkehr

Bei aller Verkehrswende: Der Anteil des Verkehrs mit motorisierten Verkehrsmitteln wird auch 2045 noch erheblich sein. Das Ziel Klimaneutralität erfordert daher den Ausbau und die Nutzung alternativer Antriebstechnologien und alternativer, nicht-fossiler Energieträger. Elektromobilität im Straßenverkehr umfasst deshalb heute schon folgende Fahrzeuge:

  • batterieelektrische Fahrzeuge (BEV, von engl. Battery Electric Vehicle)
  • Elektrofahrzeuge mit Reichweitenverlängerung REEV, von engl. Range Extended Electric Vehicle)
  • Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV, von engl. Plug-in Hybrid Electric Vehicle)
  • Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV, von engl. Fuel Cell Electric Vehicle)

Für den Straßenverkehr hat die Bundesregierung ihre Strategie schon 2016 im Klimaschutzplan 2050 bekannt gegeben: Deutschland soll zum Leitanbieter als auch Leitmarkt bei der Elektromobilität werden.


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Was sind die Vor- und Nachteile der Elektromobilität?

Die Vorteile der Elektromobilität liegen vor allem in der Energieeffizienz von Elektromotoren und der Tatsache, dass diese mit Strom aus erneuerbaren Energien (EE-Strom) und damit klimaneutral angetrieben werden können. Der größte Nachteil ist der aufwendige, teure und schwere Energiespeicher, in der Regel heute ein Akkumulator auf Lithiumbasis. Zudem sind die Akkus auch bei optimaler Ladeleistung nicht so schnell zu laden wie ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu betanken ist.

Brennstoffzellenfahrzeuge haben dieses Problem nicht. Sie erzeugen den benötigten Strom an Bord mit Hilfe einer Brennstoffzelle. Allerdings ist aufgrund der Umwandlungsverluste bei Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff aus erneuerbaren Energien – nur dann wäre ein FCEV klimaneutral – in der Summe des Systems („well-to-wheel“ – von der Energiequelle bis zum Rad) der Energieverbrauch rund doppelt so hoch wie einem BEV, aber immer noch deutlich niedriger als bei einem PKW mit Verbrennungsmotor.

Seit 2016 fördert der „Umweltbonus“ die Anschaffung von Elektrofahrzeugen, bis Ende 2022 galt dies auch noch für Plug-in-Hybridfahrzeuge. Im letzten Quartal 2020 stieg ihr Anteil an den Neuzulassungen auf 22 Prozent. Der Anteil reiner BEV am Gesamtbestand liegt aber noch bei unter einem Prozent und müsste sich für die Verkehrswende deutlich erhöhen.

Verkehrswende - Well to Wheel-Strombedarf der verschiedenen Autokonzepte

Künstliche- und Biokraftstoffe für die Verkehrswende

Elektromobilität eignet sich auch für leichte Nutzfahrzeuge (innerstädtische Lieferdienste, …) und Busse im Stadtverkehr. Weniger aber für den LKW-Schwerverkehr und nach heutigem Kenntnisstand nicht für Schiffe und Flugzeuge. Um aber auch für diese die Verkehrswende zu ermöglichen, können aus regenerativem Strom erzeugte künstliche Kraftstoffe (Synfuel, von engl. synthetic fuel) und Biokraftstoffe genutzt werden.

Strombasierte Kraftstoffe basieren auf „grünem Wasserstoff“, der über Syntheseprozesse entweder zu Methan oder flüssigem Kraftstoff umgewandelt wird. In Pilotanalgen finden zur Zeit Proben dazu statt, marktreif sind sie noch nicht. In großen Mengen ist die Erzeugung allerdings ohnehin (noch) nicht möglich, da hierfür nicht genug erneuerbarer Strom zur Verfügung steht. Der "well-to-wheel“-Energieverbrauch liegt bei flüssigem Synfuel bei ca. 103 kWh pro 100 km. Ersetzt man alle heutigen Autos durch BEV, entspräche dies einem Strom-Mehrverbrauch von 15 Prozent. Für eine vollständige Versorgung mit flüssigem Synfuel müsste eine Verdopplung der Stromerzeugung erfolgen. Synfuels können daher Strom nur ergänzen – vor allem dort, wo der Elektroantrieb wie im Schwerlast- und Flugverkehr keine Alternative ist. Schon hierfür würde die Herstellung von Synfuel erhebliche Strommengen verbrauchen. Für 2050 wären das fast ein Drittel der Stromerzeugung, so dass strombasierte Kraftstoffe in Zukunft vermutlich aus Regionen, in denen erneuerbare Energien billiger genutzt werden können, importiert werden.

Im Güterfernverkehr können ggf. auch Brennstoffzellen oder Oberleitungen genutzt werden, beides wird z.Zt. erprobt. Das Potenzial von Biokraftstoffen ist aufgrund ihres Flächenbedarfs und der Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrung begrenzt. Sie stellen daher keine nachhaltige Alternative zum Ersatz größerer Mengen von Benzin oder Diesel dar.

 

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