Kohleausstieg bis 2038 – Das Ende der Kohleverstromung

Der Kohleausstieg soll laut Kohleausstiegsgesetz bis 2038 durch eine schrittweise Verringerung der Kohleverstromung umgesetzt werden. Obwohl im Rahmen der Energiewende die Nutzung von erneuerbaren Energien schon sehr vorangeschritten ist, hat dies vor allem bei der Stromerzeugung nicht durchweg zu einem entsprechenden Rückgang der Kohlendioxid-Emissionen geführt. Das deutsche Klimaziel, die CO2-Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu senken, wurde nur aufgrund der Corona-Krise und dem damit verbundenen Rückgang bei Urlaubs- und Geschäftsreisen sowie Fabrikschließungen erreicht.

Dass dieses Klimaziel nur ganz knapp erfüllt wurde lag aber vor allem auch daran, dass der Anteil an Kohle bei der Stromerzeugung lange nicht zurückging – und viele neue Gaskraftwerke, die als klimafreundlichere Übergangslösung gebaut worden waren, stillstanden. So wurde der Ausstieg aus der Kohleverstromung im Sommer 2020 per „Kohleausstiegsgesetz“ (BGBl. I 2020, S. 1818) vom Bund beschlossen. Im Februar 2021 erfolgte dann die Unterzeichnung des Vertrags zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung bzw. zum Kohleausstieg in Deutschland.

Energiewirtschaft und Klimaziel

Die Energiewirtschaft verursachte 2016 mit 343 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent 38 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgas-Emissionen und ist damit deren größte Quelle in Deutschland (nach dem Klimaschutzbericht 2018 der Bundesregierung). Unter „Energiewirtschaft“ werden hier die öffentlichen Wärme- und Heizkraftwerke sowie Heizwerke, also die öffentliche Strom- und Wärmeversorgung verstanden. In der internationalen Berichterstattung gemäß den UN-Richtlinien zur Klimaberichterstattung werden im „Sektor Energie“ alle – stationären und mobilen, öffentlichen und nicht öffentlichen (industrielle, gewerbliche, private) – Verbrennungsprozesse sowie die diffusen Emissionen aus der Energieerzeugung erfasst. Deren Emissionsmenge betrug 2016 770 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent.



Warum gingen die CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 so langsam zurück?

Seit 1990 sanken die Emissionen der Energiewirtschaft zwar um 26 Prozent, aber das war deutlich weniger als für das 40-Prozent-Gesamtziel im Jahr 2020 erforderlich. In den frühen 1990er Jahren war der Rückgang zunächst stärker gewesen, dies lag am Abschalten veralteter Braunkohlekraftwerke in den neuen Bundesländern nach dem Ende der DDR. Von 1993 (415 Mio. Tonnen) bis 2016 sanken die Emissionen trotzt zunehmendem Anteil erneuerbarer Energien nur um gut 17 Prozent. Das lag vor allem an den Kohlekraftwerken.

Zum einen waren in Folge der Wirtschaftskrise 2008/2009 die Kohlendioxid-Preise des europäischen Emissionshandels sehr niedrig (Tiefstpreis 2013: 2,46 Euro/t CO2), zum anderen ersetzten die USA Kohle immer häufiger mit dem mittels „Fracking“ geförderte Gas. Daher war es für die Stromerzeuger billiger, Strom mit Kohle als mit dem klimafreundlicheren Gas zu erzeugen, dessen Anteil an der Stromerzeugung sank. Das war nicht nur in Deutschland so. In seinem UN-Klimareport 2014 warnte der UN-Weltklimarat IPCC vor einem weltweit steigenden Einsatz von Kohle. Denn dieser gefährde das Ziel, einen gefährlichen, vom Menschen verursachten Klimawandel sowie auch die Energiewende zu verhindern.

Unterstützung seitens der EU

Die EU versuchte, „ihren“ Teil des Problems, also die niedrigen Kohlendioxid-Preise, mit einer Reform des EU-Emissionshandelssystems anzugehen. Im Jahr 2014 wurde die Versteigerung neuer Zertifikate auf später verschoben und 2015 die Schaffung einer Marktstabilitätsreserve beschlossen. In letztere konnten ab 2019 überschüssige Zertifikate, darunter die 2014 „verschobenen“ Zertifikate, eingelagert werden. Tatsächlich begannen ab 2017 die Preise zu steigen, und der Kohleanteil an der Stromerzeugung begann zu sinken. Jedoch nicht schnell genug.

Wie plante die Bundesregierung den Kohleausstieg?

Im Hitzesommer 2018 kam es zu den „Fridays for Future“-Demonstrationen, die dazu beitrugen, dass die Bundesregierung im Juni 2018 eine „Kohlekommission“ (Kommission für Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung) eingesetzt hat. Sie sollte eine Strategie für einen Ausstieg aus der Kohleverstromung entwickeln, welche im Einklang mit den deutschen Klimaschutzzielen steht. Das Ziel sollte dabei ein breiter gesellschaftlicher Konsens über den Kohleausstieg sein, um den Klimaschutz zu unterstützen. Sie wurde daher mit Vertretern aller relevanten Gruppen, von Industrie- und Arbeitnehmervertretern bis zu Klima- und Umweltschützern besetzt. Um den Konsens herzustellen, sollte nicht nur der Kohleausstieg aufgezeigt werden. Auch der Weg zu neuen, tarifvertraglich abgesicherten Arbeitsplätzen für die jetzt noch in der Kohlewirtschaft tätigen Beschäftigten sowie eine wirtschaftliche Perspektive für die von ihr abhängigen Dienstleister sollte dargestellt werden.

Die Kohlekommission fand folgende Ausgangslage vor: In Deutschland gab es Ende 2017 eine Stromerzeugungskapazität von 216 Gigawatt (GW), davon 112 GW erneuerbare Energien, 22,7 GW Steinkohle, 19,9 GW Braunkohle und 9,5 GW Atomkraft.

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Welche Empfehlungen schlug die Kohlekommission vor?

Um die Emissionen von Kohlekraftwerken zu reduzieren und gleichzeitig Perspektiven für Arbeitnehmer und Dienstleister nach einem möglichen Kohleausstieg aufzuzeigen, stellte die Kommission einige Vorschläge vor.

Keine neuen Kohlekraftwerke für den Kohleausstieg

Die Kommission empfahl, keine neuen Kohlekraftwerke – auch keine bereits genehmigten – in Betrieb zu nehmen. Die bestehenden Kraftwerke sollten nach und nach stillgelegt werden. Dies sollte im Einvernehmen mit den Betreibern oder, wenn dieses nicht möglich ist, durch Anordnungen in Verbindung mit den rechtlich gebotenen Entschädigungen erfolgen. Eine Alternative ist, die Kraftwerke im Rahmen des Kraft-Wärme-Koppelungs-Gesetzes (KWKG) auf Gas umzurüsten. Bis 2022 sollte so die Kapazität auf je max. 15 GW für Braun- und Steinkohle reduziert werden, bis 2030 möglichst stetig auf max. 9 GW für Braunkohle und 8 GW für Steinkohle. Bis Ende 2038 sollte die Kohleverstromung ganz eingestellt und somit der Kohleausstieg realisiert werden.

Löschung von Emissionszertifikaten

Damit die Stilllegung nicht zu einer Verlagerung der Emissionen führt, empfiehlt die Kommission die Löschung einer entsprechenden Anzahl von EU-Emissionszertifikaten aus dem nationalen Budget. Die Entschädigungskosten sollte der Bundeshaushalt tragen, sodass diese nicht auf den Strompreis aufschlagen. Da der Kohleausstieg aufgrund der Verknappung des Angebots zu einem Anstieg der Börsenstrompreise beitragen könnte, sollte für Stromverbraucher ab 2023 das Netzentgelt bezuschusst werden, was einen Anstieg der Verbraucherendpreise dämpfen würde.

Ausbau von erneuerbaren Energien

Der Anteil erneuerbarer Energieträger bei der Stromerzeugung muss bis 2030 wie geplant auf 65 Prozent ausgebaut werden, um den Kohleausstieg zu ermöglichen. Kohlekraftwerke hatten zudem einen Anteil von 14,5 Prozent der Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen in Deutschland. Es ging also auch darum, die Wärmeversorgung sicherzustellen. Dazu sollte zudem die Kraft-Wärme-Koppelung (KWK), also die Nutzung der in thermischen Kraftwerken anfallenden Abwärme, zu einem modernen, flexiblen Strom-Wärme-System weiterentwickelt werden. Dies beinhaltet auch Speicher, Wärmepumpen, etc. Die Umstellung von Kohle- auf Gas-KWK sollte damit attraktiver gemacht werden. Dabei muss immer die Versorgungssicherheit gewährleistet sein. Diese setzt sich aus ausreichenden Stromerzeugungskapazitäten, bedarfsgerechter Stromproduktion sowie Systemsicherheit, insb. die Frequenz- und Spannungshaltung im Versorgungsnetz, zusammen. In Deutschland gibt es Netzreserve, Sicherheitsbereitschaft und Kapazitätsreserve – deren Kapazitäten könnte man ggf. erhöhen.

Modernisierung und Ausbau des Stromnetztes

Um eine Energiewende zu ermöglichen sowie Stromerzeugung und -verbrauch nach dem Kohleausstieg besser aufeinander abzustimmen zu können, ist eine Modernisierung, Optimierung sowie ein Ausbau des Stromnetzes notwendig. Ein Kernelement dabei sind Speicher, die die notwendige Flexibilität bei einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien gewährleisten. Auch die Sektorkopplung ist ein Beitrag hierzu, denn die Power-to-Heat oder Power-to-Gas-Anlagen sind flexibel nutzbar, wenn das Angebot erneuerbaren Stroms größer ist als die Nachfrage. Die Überprüfung der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen soll in den Jahren 2023, 2026 und 2029 erfolgen. Gegebenenfalls muss konsequent nachgesteuert werden.

Wie kann die Akzeptanz des Kohleausstiegs gewährleistet werden?

Mit den Auswirkungen des Kohleausstiegs auf bestehende und Perspektiven für neue und zukunftssichere Arbeitsplätze setzt sich Abschnitt 5 des Berichts der Kohlekommission auseinander. Er ist vor allem für die Akzeptanz vom Kohleausstieg vor Ort bedeutsam. Aus Sicht der künftigen Energieversorgung ist zu bemerken, dass die betroffenen Regionen Energieregionen bleiben wollen. So sollen im Lausitzer Revier im Südosten Brandenburgs / Nordosten Sachsens ein Referenzkraftwerk Wasserstoff und auf den Bergbaufolgelandschaften im Mitteldeutschen Revier Photovoltaik- und Windenergie sowie Speicheranlagen entstehen. Die Erprobung eines intelligenten regionalen Energiemanagements ist für das Rheinische Revier vorgesehen.


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Das Gesetz zum Kohleausstieg

Mit dem Kohleausstiegsgesetz vom 8.8.2020 wurden die energiepolitischen Empfehlungen der Kohlekommission zur Reduktion der Stromerzeugungskapazitäten gestaffelt. Diese müssen bis 2022, bis 2030 und zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens Ende 2038 umgesetzt werden. Zwischen 2022 bis 2030 sowie von 2030 bis 2038 erfolgen jährliche, gleich große Reduzierungsschritte.

Abschaltung der Kraftwerke

Anlage 2 des Gesetzes zum Kohleausstieg zeigt die Termine zur Abschaltung der großen Braunkohlekraftwerke auf. Kleinanlagen bis 150 MW werden dabei wie Steinkohlekraftwerke behandelt. Die Termine zur Abschaltung wurden in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit den Anlagenbetreibern verbindlich festgelegt. Dieser Terminplan traf bei den Klimaschützern inner- und außerhalb der Kommission auf Kritik, da er – anders als von der Kommission empfohlen – keine gleichmäßige Reduzierung der Braunkohleverstromung ergibt. Zudem ist eine für 2025 geplante Emissionsverminderung um 10 Mio. t „möglichst durch ein Innovationsprojekt“ ersatzlos entfallen.

Was ist die Anordnung der gesetzlichen Reduzierung?

Kommt es nicht zu einer Einigung bei der Abschaltung der Kraftwerke, können Stilllegungspfad und Entschädigung per Rechtsverordnung von der Bundesregierung festgelegt werden. Die abzuschaltenden Steinkohlekraftwerke werden bis 2026 durch Ausschreibung und bei Unterzeichnung der Ausschreibung durch gesetzliche Reduzierung ermittelt. Ab 2027 erfolgt dies nur noch durch gesetzliche Reduzierung. Ausschreibungsumfang und Reduktionsmenge für die gesetzliche Reduzierung ermittelt die Bundesnetzagentur jährlich. Bei steigenden Kohle- und CO2-Preisen wird ohnehin ein marktgetriebener Abbau der Kohleverstromungskapazitäten erwartet, der berücksichtigt werden muss.

Ein Zuschlag oder die Anordnung der gesetzlichen Reduzierung haben zur Folge, dass der Anlagenbetreiber in der Anlage keine Kohle mehr verfeuern darf. Als Gegenleistung erhält er im Falle der Ausschreibung die mit deren Hilfe ermittelte, „Steinkohlezuschlag“ genannte, Entschädigung. Im Falle der gesetzlichen Reduzierung gibt es diesen Zuschlag nicht. Die Anlagen, die der gesetzlichen Reduzierung unterliegen, ermittelte die Bundesnetzagentur ab dem 1.1.2021 und gab die Auflistung zum 1.7.2021 bekannt. Eine Aktualisierung der Liste erfolgt jährlich. Die gesetzliche Anordnung beginnt ab 2024 mit der jeweils ältesten Anlage, bis die Unterzeichnung der Ausschreibung ausgeglichen bzw. ab 2027, bis die Reduktionsmenge erreicht ist. Steinkohle-Kleinanlagen, also Anlagen bis 150 MW Nennleistung, werden erst ab 2031 in das Verfahren einbezogen.

Verbot neuer Kohlekraftwerke

Die Errichtung, Inbetriebnahme oder Genehmigung neuer Kohlekraftwerke ist in Hinblick auf den Kohleausstieg verboten. Zu diesen gehören solche, die am 29.1.2020, dem Tag der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs, noch keine Betriebsgenehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz hatten. Damit konnte das Kraftwerk Datteln 4, dessen Betrieb bereits 2017 genehmigt worden war, entgegen den Empfehlungen der Kohlekommission noch in Betrieb gehen, was am 30. Mai 2020 auch geschehen ist. Auch wurde in dem Gesetz die energiepolitische und -wirtschaftliche Notwendigkeit sowie der vordringliche Bedarf zur Gewährleistung einer sicheren und zuverlässigen Energieversorgung für den Tagebau Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen festgestellt. Dessen Ausweitung hatten Klimaschützer in der Vergangenheit heftig bekämpft.

Regelmäßige Überprüfung des Kohleausstiegs

Die Auswirkungen vom Kohleausstieg auf die Versorgungssicherheit, die Strompreise und seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele werden 2022, 2026, 2029 und 2032 überprüft. Bei den letzten drei Terminen soll außerdem überprüft werden, ob der Ausstieg aus der Braunkohle nicht um drei Jahre vorgezogen werden kann.

 

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