Das Immissionsschutzrecht - Bedeutung & Entwicklung

Das Immissionsschutzrecht ist Teil des Umweltrechts und regelt die Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung in Deutschland. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz von 1972 war nach dem Abfallbeseitigungsgesetz aus dem gleichen Jahr das zweite spezifische Umweltgesetz, das der Bund nach einer Änderung des Grundgesetzes, erlies. Das Immissionsschutzrecht bezieht sich auf eine Gruppe von Gesetzen und Verordnungen, die darauf abzielen, die Umwelt und die Gesundheit von Menschen vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. Immissionen sind dabei alle Arten von Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen, Strahlung, Licht und ähnliches, die von einer Anlage oder Tätigkeit ausgehen und auf die Umgebung einwirken.

Mit dem Inkrafttreten des Rechts am 15.3.1974 erhielt der Bund die Gesetzgebungskompetenz für Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung und Bekämpfung von Lärm. Seither regelt es vor allem die Zulassung von Anlagen, die Emissionsgrenzwerte, die Vermeidung von Immissionen sowie die Überwachung und Kontrolle von Anlagen und Tätigkeiten, um sicherzustellen, dass sie den Umwelt- und Gesundheitsschutzstandards entsprechen. Es gibt auch Bestimmungen zur Verantwortlichkeit und Haftung bei Verstößen gegen Immissionsschutzbestimmungen. Lange galt das Immissionsschutzrecht als Herzstück des deutschen Umweltrechts. Es hatte einen klaren, systematischen und kompakten Inhalt – was durch „häufig missglückte Umsetzung“ (Klöpfer, Umweltrecht, 4. Aufl. 2016) von EU-Recht allerdings verloren ging.

In Deutschland wird das Immissionsschutzrecht insbesondere durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Daneben gibt es auf Landesebene auch Landesimmissionsschutzgesetze und -verordnungen, die ergänzende Regelungen enthalten können. Wir zeigen Ihnen im Folgenden die Entwicklung des Immissionsschutzrechts sowie seine Bedeutung auf.

Die Entstehung des Immissionsschutzrechts

Verunreinigungen der Luft waren schon in vorindustrieller Zeit ein Ärgernis, etwa in Form von Gestank aus Gerbereien. Dieser war nicht nur unangenehm, sondern galt nach der auf Hippokrates zurückgehenden Miasmenlehre – nach der die meisten Krankheiten auf schädliche Ausdünstungen, die über die Luft verteilt wurden, zurückgehen sollten – als gesundheitsschädlich. Solche schädlichen Ausdünstungen versuchte man mit Stadt- und Polizeiverordnungen zu verhindern. Die ersten Industrieemissionen galten aber manchem sogar als gesundheitsförderlich. Der Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, glaubte etwa, schwefelhaltiger Kohlerauch reinige die Luft. Andere Stimmen hatten bereits Anfang des 18. Jahrhunderts auf die gefährlichen Wirkungen dieses „sehr bösen und corrosiven“ Rauchs hingewiesen, welcher für „Brust und Lunge sehr gefährlich“ sei. Das Rostocker Stadtrecht, z.B., forderte deshalb Mitte des 18. Jahrhunderts eine nachbarliche Einwilligung für bestimmte Betriebsstätten.


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Die Industrialisierung trieb die Luftverschmutzung voran

Erst mit der Industrialisierung wurde die Luftverschmutzung zu einem weit verbreiteten Problem. Der neue Energieträger Kohle, der die industrielle Revolution erst möglich machte, war die wichtigste Quelle der Luftverschmutzung. Im Mutterland der Industrialisierung, im viktorianischen England, waren etwa ein Viertel aller Todesfälle auf Lungenkrankheiten zurückzuführen. Aber nicht nur die kohlebetriebenen Dampfmaschinen und die Kohleöfen verschmutzten die Luft. Luftverschmutzung ging auch von der Metallverhüttung und der Chemieindustrie aus. Die chemische Großindustrie entstand mit der Herstellung von Natriumcarbonat für die Glas- und Seifenherstellung sowie die Textilindustrie. Dabei entstand ätzender Chlorwasserstoff, der in die Umgebung abgegeben wurde. Die auf Grundlage des 1863 verabschiedeten britischen Alkali Act im Jahr 1865 gegen diese Verschmutzung gegründete Alkali-Aufsichtsbehörde gilt als erste „Umweltbehörde“ der Geschichte.

Die Entwicklung des Immissionsschutzrechts von 1845-1990

In Deutschland begann die Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals wurden im Ruhrgebiet Kokshochöfen und Dampfmaschinen eingeführt und das Gebiet durch Eisenbahnen erschlossen. Klagen hierüber gab es vor allem von Bauern, denen die giftigen Abgase aus Metallhütten oder chemischen Betrieben die Ernten verdarben. Die meisten Einwohner waren aber „stolz auf die amerikanisch genannte Entwicklung des Heimatortes und seiner Nachbarschaft“.

Im Jahr 1900 war das Ruhrgebiet die größte Industrieregion Europas – und wohl auch die am stärksten verschmutzte. Der Ruß- und Rauchplage versuchte man durch den Bau höherer Schornsteine Herr zu werden. Das Ausmaß der Luftverschmutzung im Ruhrgebiet wurde deutlich, als 1923 nach der Besetzung durch französische Truppen (wegen ausgesetzter Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg) Streiks die Kohle-, Koks- und Stahlgewinnung lahmlegten. Der Himmel wurde wieder sichtbar, die Ernten erhöhten sich um die Hälfte und die Jahresringe an den Bäumen waren dicker als in den Jahren davor und danach. Ein Immissionsschutzrecht wäre damals also schon sinnvoll gewesen.

Wie ging es nach dem 2. Weltkrieg weiter?

Ähnlich war es nach der Zerstörung der meisten Industriebetriebe im Zweiten Weltkrieg. Aber im Kalten Krieg brauchte Europa deutsche Kohle, deutsches Eisen und deutschen Stahl. Das Ruhrgebiet wurde schnell als Industriegebiet wieder aufgebaut. Mit dem Wirtschaftswunder erreichte die Eisen- und Stahlproduktion neue Rekorde und ein Ausbau der chemische Industrie erfolgte. In den 1950er Jahren gingen über das Ruhrgebiet weit über 300.000 Tonnen Staub pro Jahr hinab. Messungen ergaben Spitzenwerte von 20,2 kg Staub je 100 Quadratmeter im Monat.

Es waren solche unzumutbaren Umwelteinwirkungen, die zur Gründung der „Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft“ (IPA) und der Kommission zur Reinhaltung der Luft beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI) führten. Klagemöglichkeiten für die Geschädigten gab es lange kaum und „ortsübliche Belastungen“ waren hinzunehmen. Erst 1959 wurde wenigstens ein Ausgleichsanspruch hierfür in das BGB eingefügt. Auch wurde in die Gewerbeordnung die Möglichkeit einer nachträglichen Anordnung eingefügt. Diese gab den Behörden zumindest theoretisch ein Werkzeug zur Verbesserung der Luftqualität in die Hand und war ein kleiner Schritt in Richtung Immissionsschutzrecht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war zudem das sowjetische Entwicklungsmodell auf Osteuropa übertragen worden. Eine Folge war die Entstehung des “Schwefeldreiecks” zwischen Dresden, Prag und Krakau. Die DDR entwickelte sich – etwas verzögert – ganz ähnlich wie die Bundesrepublik. Allerdings wurde hier die noch umweltschädlichere Braunkohle zur Basis der Energiewirtschaft. Ende der 1950er Jahre begann der Ausbau der Chemieindustrie. „Plaste und Elaste aus Schkopau“ (Werbeslogan für die Chemischen Werke Buna) wurden zur Basis einer Industrieproduktion, die oftmals auf Anlagen aus der Zwischenkriegszeit erfolgte. Die Luft im "Chemiedreieck" zwischen Merseburg, Halle und Bitterfeld wurde sprichwörtlich schlecht: "Bitterfeld, Bitterfeld, wo der Dreck vom Himmel fällt…".

Der Vorreiter des Immissionsschutzrechts

1962 schuf Nordrhein-Westfalen (ohne Gegenstimme) das erste Landes-Immissionsschutzgesetz. Dies war ein „modernes“ Gesetz zur Luftreinhaltung, das zum Vorbild für das spätere Bundes-Immissionsschutzgesetz bzw. Immissionsschutzrecht wurde. Allerdings führte es in erster Linie dazu, dass die Schornsteine noch höher wurden. Der Gedanke dahinter war, dass die große Höhe die Schadstoffe auf ein ungefährliches Maß verdünnt.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)

Das Immissionsschutzrecht kam in Bewegung. Bereits die 1974 in Kraft getretene erste Fassung des BImschG enthielt eine (aus der vorherigen Gewerbeordnung übernommene) Genehmigungspflicht für bestimmte, in einer Rechtsverordnung festgelegte, Anlagen wie auch Anforderungen an Errichtung, Beschaffenheit und Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen. Dazu gehörten z.B. Emissionsbegrenzungen und Kontrollvorschriften, etwa für Feuerungsanlagen in kleinen Gewerbebetrieben und Haushalten. Die 1974 fortgeschriebene TA Luft, die als Verwaltungsvorschrift das Gesetz konkretisierte, enthielt gegenüber der ersten Fassung von 1964, die noch auf die Gewerbeordnung gestützt war, mehr Anlagen und deutlich niedrigere Grenzwerte. Schon die erste TA Luft hatte zu einer Halbierung etwa der Staubemissionen von 1965 bis 1974 beigetragen. Bis 1978 sanken die Staubemissionen weiter deutlich, danach setzte laut dem Umweltgutachten von 1987 aber eine Stagnation ein.

Unterdessen war ein neues Problem aufgetaucht. Die über hohe Schornsteine in die Luft gebrachten Schadstoffe verteilten sich nicht (nur), sondern reagierten mit dem Wasser in der Atmosphäre. Dadurch entstand „Saurer Regen“. Dieser hatte seit Mitte der 1970er Jahre bemerkbare Waldschäden ausgelöst, die zu Angst vor einem „Waldsterben“ führten. Anders als die Klagen der skandinavischen Länder, die schon zehn Jahre zuvor über versauernde Seen infolge grenzüberschreitender Luftverschmutzung geklagt hatten, führte diese Angst zu Konsequenzen. 1983 wurde mit der 13. Verordnung zum BIm-SchG (13. BImSchV, „Großfeuerungsanlagen-VO“) die Pflicht zur Entschwefelung von Abgasen aus großen Feuerungsanlagen sowie zur Sanierung von Altanlagen eingeführt. 1985 gab es eine neue Version des BImSchG im Rahmen des Immissionsschutzrecht. Es enthielt erstmals die Ermächtigung für die Bundesregierung, Sanierungen von Altanlagen in Form von Anpassung an den Stand der Technik zu fordern.

Was gibt die Störfall-VO im Immissionsschutzrecht vor?

1986 wurde die TA-Luft neu gefasst und an die 13. BImSchV angepasst. Dabei wurde ein neuer Teil 4 „Anforderungen an Altanlagen“ eingefügt. 1980 war zudem mit der 12. BImSchV ("Störfall-VO“) die Konsequenz aus dem Chemieunfall von Seveso im Jahr 1976 – bei der die Umgebung mit dem Dioxin TCDD verunreinigt wurde – gezogen.

Anlagen mit großem Unfallpotenzial mussten laut Immissionsschutzrecht eine Sicherheitsanalyse durchführen und ein Konzept zur Verhinderung von Störfällen vorlegen. Die Großfeuerungsanlagen- und die Störfall-VO zeigen, dass Verordnungen das BImSchG ganz wesentlich konkretisieren Große praktische Bedeutung hat auch die 4. BImSchV, die die Aufstellung der genehmigungsbedürftigen Anlagen enthält. Diese Maßnahmen reduzierten die Emissionen der Massenschadstoffe aus Großfeuerungsanlagen deutlich. In vielen anderen Bereichen steigen die Emissionen aber an, z.B. die aus dem Straßenverkehr und den Haushalten. Diese bestimmten die Gesetzgebung Ende der 1980er Jahre. Zentrales Problem war der „Sommersmog“, der bei Sonneneinstrahlung durch Reaktion von Stickoxiden mit flüchtigen organischen Verbindungen sowie Kohlenmonoxid entstand, die allesamt in Autoabgasen enthalten waren.

Welche weiteren Novellierungen gab es?

Seit 1980 prägte zudem das EG-Recht auch die Luftreinhaltung. So schrieb die Richtlinie über Grenz- und Leitwerte für Schwefeldioxid und Schwebstaub (RL 80/779/EWG) den Mitgliedsstaaten vor, Überschreitungen von Grenzwerten zu melden und Maßnahmen dagegen zu treffen. Deutschland meldete Großfeuerungsanlagen-VO und TA Luft als Umsetzung dieser Richtlinie. Die Störfallrichtlinie der EG zwang zu Novellierungen der Störfall-VO (1988 und 1991).

1990 fand eine erneute Novellierung des BImSchG statt. Unter anderem wurden die Schutzgüter Boden, Wasser und Atmosphäre in das Gesetz aufgenommen. Eine Erweiterung erhielten die Verantwortung von Anlagenbetreibern nach der Stilllegung einer Anlage sowie das Abwärmenutzungsgebot für genehmigungspflichtige Anlagen. Mit der 17. BImSchV wurden im Immissionsschutzrecht Grenzwerte für Abfallverbrennungsanlagen festgelegt. In diesen Jahren gelangte zudem der Klimawandel in den Fokus der Umweltpolitik. Im Rahmen der 1992 verabschiedeten UN-Klimarahmenkonvention verpflichtete sich Deutschland bei der ersten Vertragsstaatenkonferenz im Jahr 1995, seine CO2-Emissionen bis 2005 gegenüber 1990 um 25 Prozent zu verringern. In der Folge entwickelte sich hierzu das Klimaschutzrecht.

Die Entwicklung des Immissionsschutzrechts von 1990 bis 2002

In den Jahren ab 1990 war das Immissionsschutzrecht von der Bekämpfung der Luftverschmutzung im Gebiet der ehemaligen DDR und dem seit 1.1.1993 bestehenden Europäischen Binnenmarkt geprägt. Aufgrund der Kosten der Wiedervereinigung wurde der Umweltschutz ab Mitte der 1990er Jahre in Deutschland von vielen jedoch auch zunehmend als Investitionshemmnis gesehen, so dass laut Umweltrat eine „Stagnation“ beim Umweltschutz eintrat. Der Europäische Binnenmarkt ging hingegen mit Bemühungen um die Schaffung europäischer Umweltstandards einher – zunächst, um Handelshemmnisse abzubauen, später dann als Reaktion auf grenzüberschreitende Luftverschmutzung. So wurde Europa zunehmend zum Treiber beim Umweltschutz / Immissionsschutz.

Nachdem im Oktober 1990 die DDR der Bundesrepublik Deutschland beigetreten war, wurde die Herstellung einheitlicher ökologischer Bedingungen – „mindestens auf dem in der Bundesrepublik erreichten Niveau“, Art. 34 Einigungsvertrag – zu einem zentralen Ziel der Umweltpolitik. Noch vor dem Beitritt hatte die Übergangsregierung in der DDR eine „Verordnung über Umweltdaten“ erlassen, die den katastrophalen Zustand der Umwelt in der DDR bekanntmachte. Zu diesem gehörte die Luftverschmutzung durch die Braunkohle und die Industrie. Ebenfalls noch vor dem Beitritt hatte die DDR-Volkskammer mit dem Umweltrahmengesetz wesentliche Rechtsvorschriften zum Umweltschutz aus der Bundesrepublik übernommen. In der Praxis besserte sich der Umweltzustand im Gebiet der ehemaligen DDR aber vor allem aufgrund des Zusammenbruchs der dortigen Industrien.

Die Entwicklung des Immissionsschutzrechts von 1990-2010

Die wahrgenommene Verbesserung des Umweltzustands, die Kosten der Wiedervereinigung und neuen Wettbewerber im Osten Europas führten vor allem unter dem 5. Kabinett des Kanzlers Helmut Kohl (ab Herbst 1994) dazu, dass der Umweltschutz – obgleich zu Beginn der Legislaturperiode noch als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen – zunehmend als Investitionshemmnis galt. Ab Herbst 1996 sollten sehr umstrittene „Beschleunigungsgesetze“ mit vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren dieses Hemmnis abschwächen. Damals war aber schon absehbar, dass das Genehmigungsverfahren ohnehin überarbeitet werden musste.

Wie erfolgte die Umsetzung der IVU-Richtlinie?

Anfang 1996 war die EG-Richtlinie 96/61 über die integrierte Vermeidung und Kontrolle der Umweltverschmutzung („IVU-Richtlinie“) verabschiedet worden. Diese beruhte auf der Erkenntnis, dass auf einzelne Umweltmedien – wie die Reinhaltung der Luft – bezogene Konzepte zu einer Verlagerung der Verschmutzung auf andere Medien führen können. Daher forderte die IVU-Richtlinie ein integriertes Konzept, die Umwelt insgesamt zu schützen. Zu diesem gehörte eine integrierte Anlagengenehmigung.

In Deutschland war zunächst geplant, die bis zum 30.10.1999 erforderliche Umsetzung im Rahmen des Immissionsschutzrechts mit der Neufassung des Umweltrechts in einem einheitlichen Umweltgesetzbuch (UGB) zu verbinden. Bereits im Jahr 1990 hatte es einen „Professorenentwurf“ für einen ersten, allgemeinen Teil eines UGB gegeben. Er enthielt auch einen Vorschlag für das Genehmigungsverfahren sowie die generelle Genehmigung von Anlagengen. 1994 folgte ein „besonderer Teil“ mit Kapiteln u.a. zum Immissionsschutz. Auf diesem aufbauend hatte 1997 eine unabhängige Sachverständigenkommission beim Umweltministerium ihren Entwurf vorgelegt („Kommissionsentwurf“). Auch dieser bestand aus einem allgemeinen und einem besonderen Teil. Der Kommissionsentwurf wurde wiederum zur Grundlage für einen Referentenentwurf im Jahr 1999 für ein „Erstes Buch zum UGB“. Aber u.a. Befürchtungen vor fehlender Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Gewässer- und Naturschutz, die man für eine integrierte Vorhabengenehmigung benötigte, ließen das Projekt scheitern.

Die Umsetzung der IVU-Richtlinie erfolgte erst deutlich nach Fristablauf im Juli 2001 mit einem Artikelgesetz. Die integrierte Vorhabengenehmigung wurde nur formal – aber richtlinienkonform – mit der Pflicht der Genehmigungsbehörden zur Koordination der verschiedenen Zulassungsverfahren (§ 10 BImSchG und § 11 WHG) erfüllt. Nachdem die Bundesregierung mit der Föderalismusreform 2006 die Gesetzgebungskompetenz für Wasserhaushalt und Naturschutz erhielt, lebte das Projekt UGB noch einmal auf. Das Umweltministerium stellte 2007 eine erste und 2008 eine überarbeitete zweite Fassung eines fünf Bücher umfassenden UGB vor. Die Bundesregierung konnte sich aber nicht auf einen Entwurf einigen.

Die neue Störfall-VO im Immissionsschutzrecht

Im Jahr 1996 war zudem als Reaktion auf mehrere schwere Chemieunfälle – u.a. Bhopal 1984 mit mehreren Tausend Toten, Basel 1986 mit einem Fischsterben im Rhein bis hinab nach Mannheim – die EG-Störfall-Richtlinie neu gefasst worden. Diese war 1982 nach dem Vorbild der Störfall-VO (12. BImSchV) erarbeitet worden. Die Umsetzung der „Seveso-II-Richtlinie“ 96/82/EG erfolgte mit der Neuverkündung der Störfall-VO am 26.4.2000. Bereits 1998 war vorbereitend der europäische Begriff „Betrieb“, der sich von der „Anlage“ im BImSchG unterscheidet, als „Betriebsbereich“ (als der gesamte unter Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, der auch mehrere Anlagen umfassen kann) in das BImSchG aufgenommen worden. Die Störfall-VO 2000 galt jetzt für Betriebsbereiche, in denen Stoffe, die im Anhang aufgeführt waren, eine ebenfalls im Anhang genannte Mengenschwelle überschritten. Das führte zu einer deutlichen Ausweitung des Anwendungsbereichs.

Neu in der Störfall-VO war u.a. für einen Teil der Anlagen – die aufgrund der vorhandenen Mengen gefährlicher Stoffe unter die „erweiterten Pflichten“ fielen – die Pflicht zu Erstellung eines Sicherheitsberichts. Dieser musste unter anderem die Beschreibung eines Sicherheitsmanagementsystems (nach Anhang III der VO) enthalten. Die 1998 von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gebildete Bundesregierung beschloss zudem 2002 den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie. Die 19 deutschen Atomkraftwerke sollten bis 2021 abgeschaltet werden. Ebenfalls 2002 wurde die TA Luft neu gefasst. Dies war zum einen nötig, um den integrativen Genehmigungsansatz auch hier zu berücksichtigen, zum anderen, um sie an die strengeren Anforderungen der europäischen Luftqualitätsrichtlinien (u.a. RL 1999/30/EG über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft, RL 2000/69/EG über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft) anzupassen.

Welche Änderungen bei Schadstoffgrenzwerten gab es?

Parallel hierzu wurden zur Umsetzung der EG-Richtlinien und des Immissionsschutzrechts mit der Neufassung der 22. BImSchV (BGBl I, S. 3626) an die europäischen Vorgaben angepasste Immissionsgrenzwerte für die oben genannten Schadstoffe festgelegt. Für Feinstaub (Partikel PM10), der laut Umweltgutachten 2002 „als derzeit wichtigste Quelle der Luftverschmutzung angesehen“ wurde, betrug der Tagesgrenzwert z.B. 50 μg/m³, die bis zum 1.1.2005 erreicht werden sollten (bei 35 zugelassenen Überschreitungen pro Jahr). Hierzu gab es auch eine Änderung des BImSchG. Es wurde ein Gebot eingeführt, Aktionspläne gegen Emittenten zu richten, die zur Überschreitung der Grenzwerte beitragen – womit auch der bis dato wenig erfolgreich geregelte Verkehr zum möglichen Adressaten von Maßnahmen (Verkehrsbeschränkungen) wurde.

Nachdem die Grenzwerte 2005 verbindlich eingehalten werden mussten, was vor allem in Großstädten nicht der Fall war, folgte eine Klagewelle vor Verwaltungsgerichten, da die Verwaltung oft keine Maßnahmen ergriff. Das Ergebnis war die Erstellung von über 100 Luftreinhalte- und Aktionsplänen in den folgenden 5 Jahren, in der Regel wegen Überschreitung der Feinstaub- und Stickstoffoxid-Grenzwerte. In vielen Großstädten wurden „Umweltzonen“ mit Maßnahmen, um den Verkehr zu begrenzen, eingeführt.


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Die Entwicklung des Immissionsschutzrechts von 2003 bis 2013

2003 musste aufgrund der geänderten EG-Abfallverbrennungsrichtlinie die 17. BImSchV geändert werden. Während sich bei den Grenzwerten für reine Müllverbrennungsanlagen kaum etwas änderte, gingen die vorgesehenen Änderungen für Anlagen, die Abfälle mitverbrannten (was vor allem in der Zementindustrie üblich war), deutlich über die EG-Richtlinie hinaus. Der Entwurf war daher umstritten. Die einen forderten eine Angleichung an die für reine Müllverbrennungsanlagen geltenden Grenzwerte, andere eine Umsetzung in Grenzen der EG-Richtlinie. Heraus kam ein Kompromiss. Die Grenzwerte für reine Müllverbrennungsanlagen mussten nur eingehalten werden, wenn mit Abfällen mehr als 25 % der Feuerungswärmeleistung (in der Zementindustrie: 60 %) erzeugt wurden. Für Altanlagen waren jedoch auf Antrag bis 30.10.2007 Ausnahmen möglich, so Stickoxid-Grenzwert von 500 mg/m³ (anstelle 200 mg/m³ für reine Müllverbrennungsanlagen).

Im Jahr 2004 folgte die novellierte 13. BImSchV (Großfeuerungsanlagenverordnung). Auch hier war eine geplante Umsetzung, die über die EG-Großfeuerungsanlagen-RL (2001/80/EG) hinausging, umstritten. Im Vergleich zum auf europäischer Ebene diskutierten BVT-Merkblatt zu Großfeuerungsanlagen lagen sie allerdings schon am „anspruchslosen Ende der Spannen“, so der Umweltrat in seinem Umweltgutachten 2004. Der Bundesrat setzte dennoch eine Erhöhung der Stickoxid-Grenzwerte für bestimmte Altanlagen und verlängerte Nachrüstfristen im Immissionsschutzrecht durch. Insbesondere die Senkung der Stickoxidemissionen war aber nötig, da die Richtlinie 2001/81/EG („NEC-Richtlinie“, NEC steht für National Emission Ceilings) Emissionshöchstwerte für die Mitgliedsstaaten vorschrieb, die ab 2010 nicht mehr überschritten werden durften. 2009 verschärften sich daher die Grenzwerte durch eine Änderung der 13. BImSchV.

Eine neue Strategie zur Luftreinhaltung

2005 hatte die EG eine neue Luftreinhaltestrategie veröffentlicht. Diese sah u.a. eine Überarbeitung der Luftqualitätsrahmenrichtlinie und ihrer Tochterrichtlinien sowie eine Revision der NEC-Richtlinie vor. Die neue EG-Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) erschien 2008, die Umsetzung erfolgte im Jahr 2010 mit einer Änderung des BImSchG und dem Ersetzen der 22. (und 33.) BImSchV durch die 39. BImSchV (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen). Zudem erhöhten sich mit der geänderten 1. BImSchV die Anforderungen an Feinstaubemissionen aus „Kleinfeuerungsanlagen“ (Kachel- oder Kaminöfen).

Die Industrieemissions-Richtlinie löst die IVU-Richtlinie ab

Im Jahr 2010 wurde außerdem die IVU-Richtlinie durch die Industrieemissions-Richtlinie (IE-Richtlinie oder IED, von engl. Industrial Emissions Directive, RL 2010/75/EU – die EG war 2009 in die EU aufgegangen) abgelöst. Sie führte die IVU-Richtlinie erweitert fort. So galten die Bestimmungen jetzt auch für die Stilllegung von Anlagen. Sofern gefährliche Stoffe verwendet werden, muss ein Bericht über den Ausgangszustand des Geländes erstellt werden. Nach einer späteren Stilllegung muss dieser Zustand wieder hergestellt werden.

Die IE-Richtlinie sollte zudem das BVT-Konzept stärken. BVT steht dabei für „beste verfügbare Technik“. Das Konzept war bereits mit der IVU-Richtlinie eingeführt worden, in der ein Informationsaustausch zwischen Europäischer Kommission, Mitgliedsstaaten und betroffenen Industrien über die besten verfügbaren Techniken eingeführt wurde, dessen Ergebnisse als „BVT-Merkblätter“ veröffentlicht wurden. In Folge der IE-Richtlinie wurde dieser Prozess jetzt festgeschrieben (Durchführungsbeschluss 2012/119/EU, „Sevilla-Prozess“). Die BVT-Merkblätter enthielten nun BVT-Schlussfolgerungen, die in den Mitgliedsstaaten als Referenzdokumente bei Anlagengenehmigungen verbindlich anzuwenden waren. Bestehende Genehmigungen mussten fortan nach spätestens vier Jahren Anpassungen an den so definierten Stand der Technik erfahren. Die unter die IE-Richtlinie fallenden Anlagen wurden im Anhang I der Richtlinie aufgeführt.

Die Umsetzung in Deutschland erfolgte im April 2013 mit dem „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen", mit dem unter anderem eine Änderung des BImSchG erfolgte. Im Mai 2013 gab es eine Neufassung des geänderten BImSchG im BGBl. Die in Deutschland unter die IE-Richtlinie fallenden Anlagen wurden in der im Mai 2013 ebenfalls geänderten 4. BImSchV mit dem Buchstaben „E“ gekennzeichnet.

Das Immissionsschutzrecht ab 2013

In seinem Umweltgutachten 2016 stellte der Sachverständigenrat für Umweltfragen fest, dass die Anstrengungen in der Vergangenheit zwar einzelne Luftschadstoffe (z.T. deutlich) vermindert haben, aber insgesamt noch keine hinreichende Trendumkehr eingeleitet wurde. Dabei verwies er auf die anhaltend hohen Verluste bei der Biodiversität und den Klimawandel, aber auch auf hohe Belastungen durch gesundheitsschädliche Luftschadstoffe wie Feinstaub und Stickstoffoxide. Sozio-ökonomische Wachstumstrends hätten oftmals technische Fortschritte unwirksam gemacht. So etwa im Verkehrssektor, wo die Wirkung von Partikelfiltern durch zunehmende Fahrleistungen ausgeglichen wurden. Deshalb bräuchten Maßnahmen künftig eine „größere Wirkungstiefe“, die unter dem Schlagwort „ökologische Transformation“ der Industriegesellschaft zusammengefasst wurden. Diese sei aber schwieriger umzusetzen, da hierbei eine Abstimmung über viele Politikbereiche hinweg erforderlich sei.

Die Entwicklung des Immissionsschutzrecht 2016-2017

Als Schritt in die richtige Richtung sahen die Sachverständigen das 7. Umweltaktionsprogramm der EU für den Zeitraum 2014 bis 2020. Dies stand unter dem Motto „Gut leben innerhalb der Belastungsgrenzen unseres Planeten“. Allerdings schwankte die EU in der Umsetzung immer wieder zwischen wirtschaftsnaher – bei der im Zuge des „Bürokratieabbaus“ auch umweltpolitische Vorhaben zurückgenommen werden – und ökologischer Politik. Ebenfalls 2016 wurde die neue NEC-Richtlinie (EU) 2016/2284 veröffentlicht. Mit ihr sollte die Konzentration an Luftschadstoffen, darunter Stickstoffoxide und Feinstaub (PM2,5), weiter gesenkt werden. Auf der Basis der Emissionshöchstmengen der alten NEC-Richtlinie wurden prozentuale Reduktionsverpflichtungen eingeführt. Die Mitgliedsstaaten müssen ihre Maßnahmen in Luftreinhalteprogrammen darstellen. Die Richtlinie wurde mit der neuen 43. BImSchV („Verordnung über nationale Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe“) umgesetzt.

Was besagt das deutsche Luftreinhalteprogramm im Immissionsschutzrecht?

Das deutsche Luftreinhalteprogramm wurde im Mai 2019 beschlossen. Als Maßnahmen wurden u.a. der Kohleausstieg, die Umsetzung der Richtlinie 2015/2193/EU zur Begrenzung der Emissionen bestimmter Schadstoffe aus mittelgroßen Feuerungsanlagen in die Luft und Software Updates für PKW aufgeführt. (Die Volkswagen Group of America war 2015 bei einem Rechtsverstoß gegen das US-Clean-Air-Act erwischt worden, der auf illegale Software in Dieselfahrzeugen zurückging, die Grenzwerte im Prüfzyklus, nicht aber auf der Straße einhielt. Der „Dieselskandal“ dehnte sich in der Folge auf weitere Länder und Hersteller aus und führte auch in Deutschland zu angeordneten und freiwilligen Software-Updates.) Eine Änderung der 13. BImSchV mit niedrigeren Stickstoffoxid-Grenzwerte soll nur kommen, wenn zur Erreichung der Ziele bis 2030 „zwingend erforderlich“.

Die Richtlinie 2015/2193/EU wurde 2019 mit der neuen 44. BImSchV („Verordnung über mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen- und Verbrennungsmotoranlagen“) im Immissionsschutzrecht umgesetzt. Die Verordnung gilt für Feuerungsanlagen mit 1 bis 50 MW Feuerungswärmeleistung – ab dem 1.1.2025 auch für bisher durch die 1. BImSchV bzw. TA Luft / Genehmigung geregelte Bestandsanlagen. Sie enthält neue, z.T. verschärfte Grenzwerte (für Neuanlagen gilt ein NOx-Grenzwert von 100 mg/m³), kürzere Messintervalle und neue Nachweis-, Dokumentations- und Meldepflichten. 2017 war zudem die 42. BImSchV verabschiedet worden, mit der die Freisetzung gesundheitsschädlicher Legionellen aus Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern verhindert werden soll. Sie legt Anforderungen an die Überwachung solcher Anlagen fest sowie – damit Behörden im Ausbruchsfall schnell reagieren können – eine Anzeigepflicht.


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Weitere Änderungen im Immissionsschutzrecht

Ebenfalls 2017 erfolgte die Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen für Großfeuerungsanlagen. Im Juli 2021 wurden diese in die neugefasste 13. und geänderte 17. BImSchV mit z.T. deutlich verschärften Grenzwerten eingearbeitet. Am 14.9.2021 wurde zudem nach 19 Jahren und jahrelanger Diskussion (ein erster Entwurf lag bereits 2016 vor) die TA Luft an den Stand der Technik (u.a. BVT-Schlussfolgerungen) angepasst. Sie trat am 1.12.2021 in Kraft. Streit gab es u.a. über die Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen. Sie enthalten in der Regel – anders als eine Genehmigung – keine Grenzwerte, sondern Wertebereiche, die dem Stand der Technik entsprechen. Mancher wünschte sich grundsätzlich eine Umsetzung am oberen Rand des Wertebereichs, was z.T. aber das Erreichen anderer EU-Vorgaben (NEC-Richtlinie) gefährdet hätte. So wurden nicht immer die schwächsten Lösungen umgesetzt. U.a. wurde ein Immissions-Grenzwert für Feinstaub PM2,5 (25 μg/m³) neu in die TA Luft aufgenommen. Der Emissionsgrenzwert für PM10 wurde für Anlagen mit einem Massenstrom > 0,4 kg/h auf 10 mg/m³ gesenkt.

Der Clean Air Act als Inspiration für das Immissionsschutzrecht

Auch die USA hatten – aufgrund ihrer großen Wälder und der zunächst reichlichen Holzvorräte etwas später als Europa – auf Kohle als Brennstoff der Industrialisierung gesetzt. Zentren der Schwerindustrie wurden Pennsylvania und Ohio. Auch hier gab es Smog-Ereignisse. 1948 erkrankten bei einem Smog in Donora (Pennsylvania) fast die Hälfte der Bevölkerung und 20 Menschen starben an der Luftverschmutzung. Auch hier kämpfte man lange mit kommunalen Regelungen gegen die Luftverschmutzung. Ereignisse wie der Brand des Flusses Cuyahoga und eine Ölpest vor Santa Barbara an der kalifornischen Küste förderten die Entstehung einer Umweltbewegung. US-Präsident Richard Nixon 1970 Antwort darauf war der US Environmental Policy Act (das amerikanische „Rahmen-Umweltgesetz“) und der Clean Air Act, ein Gesetz zur Luftreinhaltung.

Dieser Clean Air Act inspirierte ihrerseits die sozialliberale Bundesregierung unter Willy Brand (der bereits 1962 als Kanzlerkandidat – damals noch belächelt – „blauen Himmel über der Ruhr“ gefordert hatte) zu einem Immissionsschutzrecht. Noch vor den USA hatte allerdings, im Westen fast unbemerkt, das dicht besiedelte Japan erste nationale Umweltgesetze geschaffen: 1967 das „Basic Law for Environmental Pollution“ und 1968 das „Atmospheric Pollution Prevention Law“, ein Gesetz zur Luftreinhaltung.)

Welche Gefahren gehen von Schadstoffen in der Luft aus und wie kann Umwelttechnik helfen, diese zu reduzieren?

Insbesondere Feinstaub und Stickstoffoxide führen trotzt aller Fortschritte (insbesondere im technischen) Umweltschutz und Immissionsschutz immer noch zu erheblichen Gesundheitsbelastungen. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren schwer damit getan, die zum Teil mobilen Emissionsquellen (Kraftfahrzeuge) in den Griff zu bekommen. Lange glichen Fortschritte wie Partikelfilter das Verkehrswachstum aber auch aus. Europäische Luftqualitätsziele zwingen aber zum Handeln. Deshalb wurden verschärfte Grenzwerte in der 13., 17. und 44. BImSchV sowie der 2021 neugefassten TA Luft festgelegt. Zudem gehen die Emissionen aus dem Verkehr durch die zunehmende Verbreitung der Partikelfilter (und die zunehmende E-Mobilität) zurück.

Stickoxide und Feinstaub

Über die globalen Folgen der Luftverschmutzung für die menschliche Gesundheit gibt es unterschiedliche Zahlen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass infolge der Luftverschmutzung jedes Jahr 865.000 Menschen sterben. Im Frühjahr 2021 kam eine Studie dreier britischer Universitäten zum Schluss, dass rund 8,7 Mio. Menschen jährlich an Luftverschmutzung sterben, davon alleine 3,9 Mio. in China und 2,5 Mio. in Indien.

In Deutschland mit seiner 50-jährigen Geschichte des Umweltschutzes gelten vor allem in den Städten Stickoxide und Feinstaub als verbleibende Gesundheitsrisiken durch Luftverschmutzung. Der Dieselskandal und die Klagen der Umwelthilfe gegen die Untätigkeit von Städten haben das Thema in den letzten Jahren im Bewusstsein gehalten und auch für Unmut gesorgt – zumal von Gerichten verhängten Fahrverboten auch betroffen war, wer als „schadstoffarm“ beworbene Fahrzeuge gekauft hat, und nicht etwa deren Hersteller. In diesem Zusammenhang wurde oft auch gesagt, dass die Grenzwerte „viel zu streng“ seien.

Welche Krankheiten können diese Schadstoffe auslösen?

Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation zur Luftqualität schlagen jedoch mittlerweile noch deutlich niedrigere Grenzwerte vor. Für Feinstaub PM2,5 5 μg (EU-Grenzwert 25 μg), für Feinstaub PM10 15 μg (EU-Grenzwert 40 μg), Stickstoffdioxid 10 μg (EU-Grenzwert 40 μg). Hintergrund ist die Erkenntnis, dass es für Feinstaub und Stickoxide keinen Schwellenwert gibt, ab dem sie schädlich sind, sondern jede Belastung gesundheitsschädlich ist. Schwefeldioxid in der Atemluft ist vor allem für Asthmatiker ein Problem, da es Bronchienverengung fördert. Außerdem schädigt es Pflanzen und trägt zur Überdüngung der Böden, die insbesondere nährstoffarme Ökosysteme schädigt, bei.

Feinstaub – insb. PM2,5 (Partikelgröße kleiner als 2,5 μm) – kann tief in die Lunge gelangen und von dort ins Blut. In den Zellen löst er Entzündungen aus. Diese können zu Atemwegserkrankungen (bis hin zu Lungenkrebs), Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (Arteriosklerose, Blutdruck, Blutgerinnung) und des Nervensystems (Demenz) führen. Außerdem können sich an die Staubpartikel andere Schadstoffe (Schwermetalle, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) anlagern und so in den Körper gelangen. Die Grenzwerte müssen sich daher an der technischen Machbarkeit orientieren.

Umweltrecht und Umwelttechnik

Die Entwicklung vom Umweltrecht und Immissionsschutzrecht ging – nachdem man zunächst versucht hatte, der Rauch- und Rußplage in den Industriegebieten mit höheren Schornsteinen Herr zu werden, was aber Nebenwirkungen hatte – mit einer Entwicklung von technischen Verfahren zum Schutz der Umwelt (Umwelttechnik) einher. Mitunter ging man dabei an die Wurzel des Problems. Das Benzinbleigesetz von 1971 gab deshalb zunächst Regelungen zur Senkung des Gehalts des Nervengifts Blei in Benzin vor. Blei wurde dem Benzin in Form von Tetraethylblei zugesetzt, um die Klopffestigkeit (unkontrollierte Verbrennung des Kraftstoffs, die den Motor schädigen kann) des Benzins zu erhöhen. Ab 1.2.1988 galt dann ein Verbot für im Normalbenzin, ab 1.10.1989 folgte ein generelles europaweites Verbot des Bleizusatzes im Benzin. Das erforderte auch motorseitige Maßnahmen und stieß daher auf Widerstand der Automobilindustrie, die ein „Motorensterben“ und ihr eigenes Ende beschrie.

Das war aber umsonst. Das Verbot war im Zusammenhang mit der Einführung des Katalysators notwendig geworden. Dieser konnte nur mit bleifreiem Benzin funktionieren, da Blei seine Funktion beeinträchtige. Der Katalysator wurde wiederum eingesetzt, um die Umweltbelastung durch Kohlenmonoxid (CO), unverbrannte Kohlenwasserstoffe und Stickoxiden (NOx) aus Autos zu verringern.

Welche thermischen Verfahren zur Schadstoffreduktion wurden eingeführt?

Der Katalysator ist ein Beispiel für Abgasreinigungstechnik. Neben katalytischen Verfahren, bei denen chemische Reaktionen durch Verringerung ihrer Aktivierungsenergie beschleunigt werden, wurden auch rein thermische Verfahren entwickelt, bei denen Schadstoffe durch Verbrennung vernichtet werden. Das kann in Form offener Fackeln (oft in Raffinerien oder Chemieanlagen) oder geschlossenen Brennkammern erfolgen, bei denen sich die Verbrennungswärme (zum Teil) rückgewinnen lässt. Durch thermische Verfahren kann man vor allem Kohlenwasserstoffemissionen vermindern. Durch die Oxidation anderer Inhaltsstoffe können jedoch „Sekundärschadstoffe“ entstehen, die ggf. der Entfernung durch weitere Technologien bedürfen.

Solche bestehen z.B. in der Absorption von Gasen in Flüssigkeiten („Wäscher“ verschiedener Bauart; Absorber werden z.B. oft zur Rauchgasentschwefelung infolge der Großfeuerungsanlagenverordnung eingesetzt) oder der Adsorption von Gasen an festen Oberflächen wie in der heimischen Dunstabzugshaube. Zur Staubabscheidung werden unterschiedliche Verfahren verwendet. Massenkraftabscheider nutzen die Schwer- oder Fliehkraft („Zyklon“) aus und dienen häufig zur Vorreinigung. In Gaswäschern binden die Partikel an Wassertröpfchen und erhöhen damit ihre Masse. Das erhöht die Wirksamkeit der den Zyklonen ähnelnden Abscheidungen. Außerdem können zugleich gasförmige Schadstoffe entfernt werden (s.o.). Bessere Abscheideraten werden jedoch mit (Taschen- oder Schlauch-) Gewebefilter sowie Elektrofilter erreicht. In Gewebefiltern filtert das poröse Filtermaterial. In Elektrofiltern werden Gaspartikel ionisiert („aufgeladen“) und haften dann an einer entgegengesetzt geladenen „Niederschlagselektrode“ an, von der sie durch Klopfmechanismen abgeschieden werden.

Welche chemischen Verfahren gibt es?

Ein (nichtkatalytisches) chemisches Verfahren ist z.B. das SNCR-Verfahren zur Entstickung von Abgasen. Hierbei reduziert sich Stickoxid mit Ammoniak zu elementarem Stickstoff. Verwandt, aber zu den katalytischen Verfahren zählend ist das – auch in modernen Dieselmotoren verwendete – SCR-Verfahren. Bei diesem findet die Reaktion bei niedrigeren Temperaturen an einem Katalysator statt. Vor der Abgasreinigung versucht man zudem, die Bildung von Schadstoffen bereits im Vorfeld zu verhindern. Ein Beispiel sind die „Primärmaßnahmen“ bei der Verbrennung. Dazu gehören:

  • eine Vorabreinigung von Brennstoffen: Schwefeldioxid z.B. entsteht durch die Verbrennung von in Brennstoffen als Verunreinigung enthaltenem Schwefel
  • der Zusatz von Additiven: etwa von Kalkstein zur Abscheidung von Schwefeldioxid bereits im Verbrennungsprozess
  • die Absenkung der Flammentemperatur durch optimale Brennergestaltung: durch die Bildung von „thermischen“ Stickoxiden aus dem Stickstoff in der Luft vermindert wird
  • Die Absenkung der Flammentemperatur in Form der „Wirbelschichtfeuerung“: feine feste Brennstoffe werden durch eine von unten kommende Luftzufuhr in der Schwebe gehalten, was für eine gute Durchmischung sorgt.

Insbesondere zur Geruchsbekämpfung, aber auch zum Abbau organischer Schadstoffe kommen zudem Biofilter zum Einsatz. Hier beruht die Filterung auf mikrobiologischer Aktivität, die Technik muss den benötigten Mikroorganismen einen geeigneten Lebensraum schaffen.


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